Es ist kalt in der alten Tennishalle in Berlin Friedrichshain, als ich sie betrete. Zwei Frauen in Sport-Outfits sitzen am Rand auf der Bank.

In der Mitte des Raumes steht Isabel, aufrecht und graziös. Sie spannt die Sehne ihres Bogens, hält konzentriert inne, bewegt sich nicht, der Blick ist nach vorn gerichtet, der Atem ist flach.

Dann lässt sie die Sehne los. Der Pfeil saust gefühlt über eine Länge eines halben Fußballfelds auf eine CD große Schreibe und sitzt. Punktlandung!

Ich stehe beeindruckt am Rand der Halle und denke: „Was für eine Konzentration, was für eine Magie der Stille, was für eine Reinheit des Augenblicks.“

EINE BEREICHERNDE BEGEGNUNG
Isabel und ich haben uns vor zwei Jahren bei einem Workshop in München kennengelernt. Sie lebt in Berlin. Wenn ich mal da bin und es für uns beide passt, dann arrangieren wir ein Treffen. Dieses Mal habe ich vorgeschlagen, sie in einer Trainingshalle abzuholen. Ich wollte sie einmal in Aktion sehen. Wenn wir uns sahen, berichtete sie immer so begeistert von ihrem Hobby.
Jetzt hatte es geklappt und ich bin begeistert. Mir gehen tausend Gedanken durch den Kopf und ich brenne darauf, ihr einige Fragen zu stellen.

DER PERFEKTE SCHUSS
Später frage ich sie bei einer Tasse Kaffee, wie es ihr gelingt, solch eine hohe Konzentration aufzubauen. Sie beginnt zu erzählen:

„Der perfekte Schuss hat viel mit innerer Ruhe und Konzentration zu tun. Wenn ich auf dem Schussfeld stehe, dann stelle ich mir immer vor, wie eine große Käseglocke über mich gestülpt ist, welche sämtliche Geräusche und Ablenkungen dämpft. Während des Schussablaufes konzentriere ich mich dann auf einzelne Schlagwörter, die mir beim Fokussieren helfen und die ich mir vorher zurechtgelegt und geübt habe.

Bei ‚Erdung‘ stelle ich mich stabil hin, so als sei ich mit der Erde verwurzelt. Bei ‚Mitte‘ stelle ich mir vor, wie sich meine ganze Körpermitte anspannt, vom Bauch zu den Oberschenkeln. Bei ,Fokus‘ versuche ich meine Augenlinse zu schärfen und weit nach vorn zu richten. Das letzte Schlagwort ist ‚Zack‘. Da lasse ich die Sehne los, aber nicht mit zu viel Spannung. Eher leicht, kraftvoll und fließend.“

Ihre Augen sind beim Erzählen groß geworden und ein Lächeln macht sich auf ihrem Gesicht breit. Sie setzt fort: „Und dann sitzt es! Das geht alles unheimlich schnell. Die Schlagwörter sind für mich ein Anker im Tumult. Sie helfen mir voll und ganz bei dem einen Schuss zu sein und mich nicht ablenken zu lassen.“

DER WILLE ALS WEGWEISER ZUM ZIEL
Mittlerweile hat sie mich in den Bann gezogen und ich fühle, was solch eine tiefe pointierte Konzentration für Kraft und Energie freisetzen kann. Ich beobachte auch, dass Isabel jetzt in diesem Moment, wo sie an ihrem Kaffee schlürft, enorm klar, fokussiert und geerdet wirkt.

Ich denke: Wahnsinn, was solch ein Training auch für den Einzelnen im Alltag bewirkt. Diese Ausstrahlung an Zuversicht, Konzentration und Klarheit.“

Es ist bei Isabel so faszinierend, dass sie im Blick hat, was passieren soll. Sie hat einen Fokus, eine Richtung für den nächsten Schritt, den Blick in Richtung Zukunft, der gepaart ist mit einem Glauben und Wille auf und für das vorliegende Ziel.

In der Wahrnehmung wird mir klar, dass dies genau das ist, was uns in unserer Arbeitswelt verloren geht oder vielfach gar nicht vorliegt.

UNS SELBST NICHT VERLIEREN
Insbesondere in dieser Zeit verlieren wir uns im Nebel der Unendlichkeit, weil wir immer noch nicht greifen können, wann sich unsere Welt wieder für uns ändern wird. Wann wir wieder die Dinge machen können, die wir doch so sehr lieben, wann wir uns mit Leichtigkeit begegnen können, wann wir wieder unbekümmert in einem Café sitzen werden, wann wir wieder ungezwungen reisen dürfen.

Wir verlieren uns immer mehr in den Tagen und schüren unsere eigene eher beladene Sehnsucht.

Dabei bemerken wir gar nicht, dass wir durch die täglich bombardierten Eindrücke der Berichterstattung unseren eigenen Fokus und durch die daraus ansteigende Erwartung an das Außen, unsere eigene Hoheit über uns selbst verlieren. Wer wir sind, was uns ausmacht und wer wir eigentlich sein wollen.

Wir lechzen mittlerweile nach jedem Strohhalm im Außen, um unsere eigene Situation gefühlt etwas angenehmer machen zu können und sind so arg enttäuscht, wenn dies wieder mal nicht eintritt. Erkennbar wird, dass wir aktuell keine Lösung im Außen finden werden.

Wenn wir keine Lösungen im Außen finden, besteht immer die wundervolle Chance, die Aufmerksamkeit auf uns zu richten. Denn je nachdem, auf was wir uns konzentrieren, bestimmt dies unser Leben.

BEI UNS BLEIBEN, DEN FOKUS BEHALTEN
Mittlerweile haben wir Frühjahr. Es ist fast eindeutig, dass wir auch in diesem Jahr mit und über uns selbst lernen dürfen. Lernen uns selbst zu mögen, lernen die runtergefahrene Situation und die vielfach nicht zur Zufriedenheit gelösten Vorgänge auszuhalten und lernen uns selbst auszurichten. Wir können uns vorbereiten und der Frage intensiver nachgehen:

Wer wollen wir zukünftig als Mensch, als Gestalter, als Beitragsgeber sein?

Psychologische Studien zeigen immer wieder: Wir werden das, was wir denken und erwarten. Menschen, die davon ausgehen, dass ein erfülltes Leben auf sie wartet, führen mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann eines. Menschen, die zweifeln, sich ablenken lassen, ihren Fokus verlieren, werden es nicht schaffen, das Leben zu leben, was sie sich selbst wünschen.

Nichts beeinflusst uns so stark wie das Bild, was wir von uns selbst haben oder von uns selbst erschaffen.

ISABEL DENKT ANS ZIEL
Gerade jetzt erinnere ich mich immer wieder an die Begegnung mit Isabel und habe das Bild vor meinem inneren Auge, wie konzentriert, klar und voller Kraft sie das Ziel im Auge hatte.

Dieses Bild trägt mich auch in meinem aktuellen Alltag. Mittlerweile ist es mir sehr wichtig, dass ich ein konkretes Zukunftsbild von mir und meinen Möglichkeiten habe.

Ich bemerke, dass meine Wünsche, Ziele und Visionen dadurch klarer werden, dass ich jeden Tag ein Stück daran arbeiten kann und dass ich so voller Zuversicht bin, dass daraus auch wirklich etwas Wertvolles entsteht.

Die eigene Arbeit an meiner Zukunft erfüllt mich, da sie mir eine hohe Zuversicht schenkt und mir das Gefühl gibt, für weitere Herausforderungen vorbereitet zu sein.

#ichkultur

 

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