„Ich merke, dass ich unsere zweite Führungsebene nicht zu einem Schulterschluss bekomme“, bemerkte Ralf W. während eines Kultur-Geschäftsführer-Coachings an. „Alle halten sehr gut mit mir eins zu eins Kontakt, aber eine Einheit ist die zweiten Führungsebene nicht. Die Ebene schafft es nicht, aus sich heraus die gebündelte Kraft zu heben.“
Auf der einen Seite rufe ich innerlich „Hurra“, dass solch eine bedeutsame Erkenntnis vorliegt, auf der anderen Seite ist es bedrückend, da genau an dieser Stelle ein Kernproblem vieler Unternehmen vorliegt.

DIE 2. FÜHRUNGSEBENE IST ENTSCHEIDEND

Die zweite Führungsebene ist für den Wandel, für die Entwicklung und für die Veränderungsgestaltung eines Unternehmens ausschlaggebend. Das auf dieser Ebene vorhandene Mindset im Sinne der Offenheit gegenüber Veränderung und dem Zulassen
verschiedenster Menschenbilder prägt die Entwicklung des Gesamtunternehmens.

Wenn es auf dieser Ebene gelingt ein hohes gemeinsames Miteinander, eine uneingeschränkte Akzeptanz und eine Einheit zu bilden, so wird sich dies stärkend und dynamisch auf die Gesamtentwicklung des Unternehmens auswirken. Die Bedeutsamkeit ist deswegen so relevant, da an der zweiten Führungsebene heute oft unmittelbar die Mitarbeiter angebunden sind. Jede
Wandel-Performance dieser Ebene hätte eine unmittelbare Auswirkung auf das Gesamtunternehmen.

INNERHALB DES TEAMS LÄUFT ES

Viele Führungskräfte haben aktuell innerhalb ihrer Teams, innerhalb ihrer Abteilung eine gute und kontinuierliche Entwicklung angestoßen und gestalten diese – zumindest nehme ich dies wahr. Sicherlich ist an vielen Stellen auch noch ausreichend Luft nach oben, aber dieses Voranschreiten im eigenen Umfeld hat viele positive Auswirkungen. Einige Mitarbeiter und Teams spüren, dass sich etwas verändert und nehmen diese wirksamen Entwicklungen wahr.

Ein aber zusätzlich kraftvolles Potenzial würde darin liegen, wenn sich auch horizontal und in erster Linie die jeweiligen Führungskräfte als eine Einheit sehen und entsprechend gemeinsam agieren. Genau dies passiert aber leider in den meisten Unternehmen noch zu wenig. Woran könnte dies liegen?

GEPRÄGTE ERFAHRUNG

Wir haben gerade auf der zweiten Führungsebene oft Menschen mit stark geprägten Persönlichkeitsmerkmalen und Charakteren, die aufgrund ihres bisherigen Erfolges, welches gegebenenfalls auch die jeweilige Position zum Ausdruck bringt, sich nicht so stark in Frage stellen. Ihre Erfahrungen erzählen eine Erfolgsgeschichte, sonst wären sie heute nicht dort, wo sie
sind. Das eigene Fundament von Erfolg selbst in Frage zu stellen, ist eine große Herausforderung und kann nur durch persönliche Einsicht erfolgen. Ich müsste spüren und Lust bekommen, noch einmal neugierig zu werden, das anstrengende Ausprobieren zu lassen und am Lernen wieder Spaß haben. Ich müsste in vielerlei Hinsicht loslassen, beobachten und neu wahrnehmen.

Dieser Weg ist, wie wir alle schon erfahren haben, nicht von Leichtigkeit, sondern von Unsicherheit, von vorübergehender Orientierungslosigkeit und Angst vor dem Scheitern geprägt. Gerade in der zweiten Führungsebene sind diese Aspekte Tabu-Themen, die nicht anerkannt und schon gar nicht thematisiert werden. Selbst im Wandel geht es immer noch vielfach um den
schnellen Erfolg.

DIE EIGENE FÜHRUNGSROLLE FINDEN

Des weiteren ist eine Rollenfindung für Führungskräfte heute wirklich eine Herausforderung. Welche Rolle habe ich noch als Führungskraft, wenn mein Team, meine Abteilung in der Zukunft überwiegend selbstorganisiert agiert? Die Rolle der Führung verändert sich radikal. Muss Führung heute ihr Team zu einer Mannschaft orchestrieren, was den meisten schon enorm schwerfällt, da sie für die Rolle als Potentialentwickler, Moderator, „Mannschaftstrainer“ nicht ausgebildet und
eigentlich damals auch nicht angetreten sind, so zeigt sich, dass bei einer erfolgreichen Entwicklung ihres eigenen Teams, sie vielleicht gar nicht mehr gebraucht werden, was dann?

Ich glaube, auch wenn viele Führungskräfte dies noch nicht im Blick haben, so spüren sie es. Was werden sie in fünf oder sieben Jahren machen? Dieses Gefühl des Verlustes des eigenen Statuts und der über Jahre hart erarbeiteten Funktion, lässt viele Führungskräfte zögern und an dem aktuellen Status und Rollenbildern festhalten. Wir bräuchten größere Zukunftsbilder im Sinne der Rollen der Führung in den nächsten drei bis fünf Jahren, aber dann auch visionäre Bilder nach der Team-Performance-Zeit. Und diese Zukunftsbilder müssen attraktiv und stark sein, stark für die Menschen, die diesen Weg gehen wollen.

 ZU WENIG MITEINANDER

Die meisten Führungskräfte reporten immer noch nach oben, aber weniger nach rechts und links: Und meist wird das Reporten nach oben auch zugelassen, weil natürlich ein eins zu eins Gespräch als Vorstand oder Geschäftsführer mit meinem Abteilungsleiter wesentlich einfacher ist, als wenn vor mir sieben oder zehn unterschiedliche Abteilungsleiter, mit unterschiedlichen Herausforderungen und unterschiedlichen persönlichen Prägungen sitzen. Eventuell habe ich sogar im Laufe der Jahre eine stärkere Zuneigung zu dem ein oder anderen Abteilungsleiter aufgebaut, was absolut menschlich ist. Und natürlich kann ich dann mit dieser Person ein viel vertrauensvolleres Gespräch führen, als vielleicht mit anderen.

Alles sehr nachvollziehbar, alles hoch menschlich und trotzdem hat es Auswirkungen auf die Gesamtentwicklung. Diese sich ergebene und mittlerweile gelebte Differenzierung in Bezug auf die zweite Führungsebene ist für alle spürbar und hat auch Auswirkungen im Miteinander innerhalb der zweiten Führungsebene.
Da die Kraft eines Unternehmens in einer komplexen Welt vor allem aus der kollektiven Intelligenz entsteht, ist es erforderlich aus der zweiten Führungsebene eine starke Mannschaft zu machen, die miteinander verbunden ist, die gegenseitige Abhängigkeiten und Synergien orchestriert und die sich zum Lernen einlädt.

3 ERSTE ENTWICKLUNGSANSÄTZE

Aus den bisherigen Erfahrungen möchte ich drei Entwicklungsansätze vorstellen, welche sicherlich nicht abschließend zu betrachten sind, aber ein Anfang darstellen:

Jeder der heute Führungskraft ist, hat aus seiner eigenen Intention heraus an seinem Mindset und an seiner Identität zu arbeiten. Inwieweit setze ich mich als Führungskraft bewusst mit den
Aspekten des Wandels auseinander? Mit welchem Wissen und welchen Hintergründen des Wandels beschäftige ich mich? Wie ist mein Menschenbild? Kenne ich als Führungskraft meine eigenen Persönlichkeitsmuster und Anteile einer gelingenden oder nicht gelingenden Beziehungsgestaltung?

Als Führungskraft habe ich ein eigenes Zukunfts-Rollenbild zu entwickeln. Wer werde ich in der Zukunft als Führungskraft sein? Was sind meine persönlichen Rollen-Zielbilder für den kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Weg? Bin ich als Führungskraft mit meinen zukünftigen Rollenbildern geeint? Welche konkreten Rollen verfolge ich, wohin will ich mich entwickeln? Wie werde ich die veränderten Rollen erlernen, ausfüllen und gestalten?

Wir sind auch auf der horizontalen Ebene eine geeinte Führungsmannschaft. Welche Prinzipien der Zusammenarbeit leben wir auf der zweiten Führungsebene? Haben wir eine gemeinsame Vision, wie sich das Unternehmen im Inneren und im Äußeren weiterentwickeln soll? Wie werden wir auf der zweiten Führungsebene eine Mannschaft? Wie entfachen wir die Lust uns gemeinsam weiterzuentwickeln? Wie heben wir unsere Synergien und Stärken? 

„Greift auf allen Ebenen die Entwicklung auf und hebt auch das bedeutende horizontale Potential.“ 

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