Abgerückt vom Alltag, reduzierten familiären Begegnungen und der Möglichkeit des tatsächlichen Rückzuges von verschiedenen Medien sowie äußeren Einflüssen wird es ruhig in mir. Guttuend ruhig. Ich schaue in den Spiegel und bemerke, dass die Stunden mehr Schlaf, sich sogar in meinem Gesicht niederschlagen. Ich nehme ein anderes Gefühl, eine andere Stimmung wahr. Eine Stimmung, welche mich mehr erdet, wieder tiefer und entspannter denken lässt und sich irgendwie breiter und weicher anfühlt.

In mir kommt der Wunsch auf dieses Gefühl, diese Weite und diese innere Ruhe mir auch jetzt im neuen Jahr zu ermöglichen. Aber was bekommen wir eigentlich für ein Jahr?

BRAUCHEN WIR IMMER DIE EXISTENZIELLE DRINGLICHKEIT?

Das Jahr 2020 war herausfordernd und verändernd. In vielen Situationen musste ich innehalten und mich neu ausrichten. Mich hat das Jahr 2020 zu vielen Themen geführt, die ich zwar schon immer spannend fand, aber zu welchen ich wahrscheinlich aufgrund der Alltagsroutine, meines eigenen Hamsterrades, gar nicht hingekommen wäre. Im Jahr 2020 musste ich es jedoch und es hat sogar Spaß gemacht.

Ich denke noch einmal nach: Warum ist es jetzt gelungen, dass man sich z.B. mit den neuen digitalen Themen tatsächlich auseinandergesetzt hat? Warum ist es jetzt gelungen, dass Geschäftsmodell relativ schnell anzupassen? Warum ist es jetzt gelungen einen völlig neuen Tagesablauf zu implementieren? Verändern wir uns wirklich immer erst, wenn es eine bedrohliche Dringlichkeit gibt? Grundsätzlich muss ich die Frage wohl mit „Ja“ beantworten und trotzdem spüre ich, dass dies keine ausreichende Antwort ist.

UNSERE GEFÜHLE SIND DAS THERMOSTAT

Wenn ich tiefer darüber nachdenke, dann muss ich eigentlich zu der Erkenntnis kommen, dass wir immer dann eine Dringlichkeit zur Veränderung benötigen, wenn wir selber nicht mehr die Hoheit unserer eigenen Ausrichtung innehaben. Das ist oft der Fall, wenn wir nicht mehr die Möglichkeit oder Energie haben über uns selber nachzudenken, weil wir uns im Hamsterrad drehen. Wenn wir jegliche Energie und Kraft verloren haben, dann kann uns nur noch die Dringlichkeit im Außen oder ein körperlicher Knock-Out dazu bewegen uns nun doch zu verändern. Wir geben viel zu oft die Verantwortung der eigenen Veränderung ab, weil wir oftmals nicht unsere Potentiale des tieferen Nachdenkens nutzen.

FÜR UNSERE VERÄNDERUNG BRAUCHEN WIR EMOTIONALE DRINGLICHKEIT

In dem Zusammenhang fällt mir mal wieder das wundervolle Buch von D. Kahnemann „Schnelles Denken, langsames Denken“ ein. D. Kahnemann macht hier darauf aufmerksam, dass unser Gehirn in zwei Systemen denkt. Unser System 1, also unser schnelles Denken, ist immer aktiv, automatisch, stereotypisch und unbewusst. Und das System 2 ist langsam, anstrengend berechnend und bewusst.

Fatal finde ich in diesem Zusammenhang, dass unser ganzer Alltag, die ganzen Anforderungen und Herausforderungen darauf ausgelegt sind, dass wir unser schnelles Denken nutzen. Viel zu oft vergessen wir, dass wir auch über ein langsames Denken verfügen, was wir aber oftmals gar nicht mehr so oft nutzen und es dadurch ein wenig verkümmern lassen. Dies wäre jedoch schade, da wir doch gerade als menschliche Wesen über diese so wundervolle Fähigkeit verfügen. Allerdings gibt es im Alltag für das langsame Denken zu wenig Raum. Er wird uns auch nicht zur Verfügung gestellt, sondern wir müssen uns diesen selber einräumen.

WIR SOLLTEN ANFANGEN MEHR ÜBER UNS ZU LERNEN

Ein langsameres Denken versetzt uns allerdings in die Lage, die vor uns liegenden Komplexitäten stärker zu durchdringen, mehr wahrzunehmen, die Dinge für uns besser einzuordnen und die Möglichkeit zu erkennen und neu auszurichten. Und vielleicht kommen wir dann viel eher dazu uns selbst viel frühzeitiger neu auszurichten und anzupassen und eben nicht nur zu funktionieren. Die Anpassung und Veränderung könnten dann von uns aus erfolgen.
Wäre dies nicht wundervoll?

 

WIR HABEN JETZT DIE CHANCE DAZU

Das Jahr 2021 beginnt nicht mit einem Aufbruch, nicht mit einem Neubeginn und nicht mit einer großen Erleichterung. Es beginnt mit Stille, mit Besinnung, mit noch mehr Nachdenken.

Vielleicht will uns das Jahr 2021 jetzt schon am Anfang sagen: Ihr seid noch nicht fertig mit Lernen! Geht noch tiefer, schaut noch deutlicher hin und transformiert Euch noch mehr.

Der Beginn des Jahres fordert uns jedenfalls jetzt schon auf, wirklich etwas für die Zukunft zu verändern. Nicht das gleiche Hamsterrad wieder aufzugreifen, die Dinge anders zu machen und dabei sich ständig zu beobachten, was diese Neuausrichtung mit einem macht.

 

MEINE NEUAUSRICHTUNG

Mir ist klar, dass die Erkenntnis allein nicht reicht, sondern es müssen auch Taten folgen. Und ich weiß, dass sie sich nicht von alleine ergeben werden. Eine eigene persönliche Neuaufstellung bedarf ein neues Portfolios an täglichen und wöchentlichen Handlungen und neuen Routinen.

Mir ist klar geworden, dass meine tägliche Lebenszeit ein breiteres Portfolio bedarf, mit sehr unterschiedlichen Zeiten. Zeiten für meine operative Arbeit, Zeiten für eine Auseinandersetzung meiner strategischen Weiterentwicklung, Lern- und Denk-Zeiten, Zeiten der Meditation und Bewegung, Zeiten der Begegnung und Teamentwicklung und Zeiten des Genießens und Nicht-Denkens. Ad hoc bekomme ich Panik und habe gleich den Gedanken, wie ich dies alles sicherstellen kann. Aber darum geht es gar nicht. Es geht nicht darum im Sinne der Optimierung wieder etwas sicherzustellen und zu optimieren. Hier geht es eher darum, mir dies zu ermöglichen.

Mir dies zu ermöglichen im Sinne meiner eigenen Weiterentwicklung, meiner eigenen Lebenshoheit und meines größeren Beitrages. Denn einen größeren Beitrag leisten wir nur, wenn wir unsere vorhandenen Potentiale nutzen können, wenn wir uns mehr in Authentizität spüren und wenn wir mehr Hoheit für einen wertvollen Beitrag erlangt haben, wenn wir mehr in unserer eigenen Energie sind.

#ichkultur

 

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