WANDEL BRAUCHT GROßZÜGIGKEIT UND VERZEIHEN

„Ich bin nicht damit einverstanden, dass das bewährte Entwicklungsprogramm jetzt abgesetzt wird. Seit Jahren erzielen wir damit gute Teilnehmerzahlen und positive Resonanz. Warum wollen wir dies absetzen?“ wütend verlässt Rita den Raum und ärgert sich den ganzen Tag darüber. Als Lars und Rolf bei ihr zufällig vorbeikommen, werden auch sie von Ritas Wut infiziert.

Bei meinen Besuchen in den Unternehmen lerne ich oftmals Menschen kennen, die leiden. Sie leiden, weil sie sich nicht verstanden oder ungerecht behandelt fühlen, weil sie zu wenig Beachtung erleben oder weil sie nicht gehört werden.

WIR LEIDEN, WEIL WIR UNS NICHT VERSTANDEN FÜHLEN

Gerade im Wandel passieren oft Dinge im Unternehmen, die an der ein oder anderen Stelle nicht unsere Zustimmung finden, die wir nicht richtig finden, über die wir uns ärgern und über die wir wütend sind. In einem Wandel müssen wir vielfach damit leben, dass die Dinge nicht so laufen, wie es der eigenen persönlichen Vorstellung entspricht. Oft leiden wir, weil etwas
nicht so ist, wie wir uns dies gewünscht haben. Oder weil etwas genauso ist, wie wir es uns wünschen, und wir jetzt Angst haben, es wieder zu verlieren.

Dabei stelle ich fest, dass vor allem die Menschen leiden, weil sie meinen, die eigene Vergangenheit, welche sie nicht positiv für sich erlebt haben, hätte anders sein soll, als sie war.
Die meisten Menschen sind unglücklich, weil sie die gestrige Situation nicht mögen, sie aus ihrer Sicht nicht akzeptieren oder ertragen können.

DIE DAUER-SCHLEIFE WIRD ZUM MINDSET

Anstatt das Gestern ruhen zu lassen, holen sie die Vergangenheit jeden Tag in die Gegenwart zurück. Jeden Tag wird die gleiche ungerecht gefühlte Geschichte erzählt und sogar noch mit anderen Kollegen geteilt. Es wird zur Dauerschleife und irgendwann zu unserem Mindset.

Halten wir an Vorwürfen und Schuldzuweisungen fest, sagen wir uns immer im Inneren, es hätte anders sein sollen. Wir sind nicht bereit zu akzeptieren, dass wir verletzt, gestört, verlassen oder ggf. emotional getroffen worden sind. Wir erhalten uns ein Stück weit die Illusion in unserem Kopf, dass solange wir wütend, enttäuscht und voller Vorwurf sind, die Vergangenheit sich vielleicht doch noch mal ändern wird. Sie wird sich allerdings nicht verändern. Die Vergangenheit ist vorbei
und zwar genau jetzt.

SCHMERZHAFTE ERFAHRUNGEN STÄRKEN UNS

Was wir allerdings ändern können, ist unsere innere Einstellung gegenüber unserer Vergangenheit. Wir können immer hier und jetzt neu wählen, wie wir über uns und die erlebte Vergangenheit denken und vor allem fühlen möchten. Wir können uns entweder als Opfer der äußeren Umstände und des Wandels sehen, oder aber wir holen uns unsere innere Hoheit wieder
zurück. Wir stimmen der Vergangenheit als Teil unserer Lebenserfahrung zu und geben die Hoffnung auf eine bessere Vergangenheit auf.

Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, dass wir alle Erfahrungen, inklusive der Schmerzhaften, für unser eigenes Wachstum brauchen, auch um immer wieder neu wählen zu können, wie wir als Mensch sein wollen.

Der Moment, wo wir für uns erkennen, wie sehr wir uns selbst und auch die Menschen um uns herum durch unsere stillen, aber manchmal auch lauten Vorwurf schwächen, ist der wahre Wandel und die wahre Reife in uns.

GROßZÜGIGKEIT UND VERZEIHUNG

Durch unsere Vorwürfe, dass die Dinge nicht so laufen, wie wir sie uns vorstellen, haben wir uns an vielen Stellen die Tür zu einem zufriedenen Alltag und Leben verriegelt, aber allen die Schuld gegeben, dass wir selber nicht erfolgreich, nicht gestalterisch oder glücklich sein können.

Gerade in der permanenten Veränderung ist Großzügigkeit und Verzeihung der Schlüssel um wieder in seine eigenen Potentiale zu kommen. Dabei geht es nicht darum in der Großzügigkeit alles gut zu heißen, was passiert ist oder klein beizugeben. Es geht darum, der Erfahrung zuzustimmen, um loslassen zu können, was nicht mehr geändert werden kann.

Kaum jemand hat die Kraft der Verzeihung so eindrucksvoll gezeigt wie Nelson Mandela, der nach seiner Freilassung aus 27 Jahren Gefangenschaft sagte: „Als ich aus der Zelle durch die Tür in Richtung Freiheit ging, wusste ich, dass ich meine Verbitterung und meinen Haas zurücklassen musste, oder ich würde mein Leben lang gefangen bleiben.“

Einige Menschen in den Unternehmen brauchen noch nicht mal jemanden, der sie in Gefängnis sperrt, sie bauen sich einfach ihr eigenes. Wir müssen akzeptieren, dass wir alle immer so gut handeln, wie es uns in diesem Moment gerade möglich ist. Oftmals entstehen verletzte Situationen, weil Menschen in bestimmten Situation oft über keine andere Handlungsweise
verfügen, als die, die sie wählen.

SELBST GESTALTER WERDEN

Solange wir anderen Menschen Vorwürfe für unser eigenes „Unglück“ oder „Nicht-Handeln-Können“ machen, sind wir immer gleichzeitig auch ein Stück Opfer und Täter. Wir schwächen und verletzen uns selbst und die andere Person. Wenn wir allerdings dem Leben und dem Alltag mit all seinen Höhen und Tiefen zustimmen, werden wir wieder zum Gestalter und holen unsere
Potentiale und die damit verbundene Gestaltungskraft hervor.

Warum ist mir dies so wichtig? Weil ich erlebe, dass durch das Festhalten an der verletzten Vergangenheit so viel Energie verloren geht und viele Menschen in den Unternehmen, nicht auf ihre eigenen Potentiale zugreifen können, die so wertvoll für sie selbst und für das Unternehmen wären. In dieser besonderen Zeit ist ein guter Zeitpunkt für Verzeihung und Großzügigkeit, nutzen wir die Chance.

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