„Was für ein ungewöhnlicher Ansatz, aber wie wirkungsvoll!“, ich staunte nicht schlecht bei einem Austausch mit Gabi P., der People and Culture Managerin eines marinen Dienstleistungsunternehmens. „Ja, wirklich Eva. Uns kam die Idee in einem unserer vierteljährlichen Culture-Live-Formate, als wir nach Handlungsinterventionen zur Reduzierung von Meeting Zeiten gesucht haben. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir die Meeting Einträge der Führungskräfte, Projektleiter und Projektmanager auswerten und sie als Statistik zur Verfügung stellen.

Es geht dabei darum, dass jeder sehen soll wie viel Zeit er im vergangenen Monat in Besprechungen und Meetings verbracht hat. Dies soll natürlich nicht ewig passieren, wir wollen unsere Mitarbeiter ja nicht überwachen. Es geht im kommenden halben Jahr vielmehr darum, die Aktiven zu sensibilisieren und noch stärker zur Selbstreflexion anzuregen, um Meeting Stunden zu reduzieren. Wir wollen dadurch noch mehr konzentrierte Entwicklungszeit und Deep-Work-Zeit im Unternehmen ermöglichen.“

WIR FOLGEN DER MEHRHEITSMEINUNG

Wenn ich solche Beispiele höre, wird mir wieder einmal mehr bewusst, dass wir auf vielfache Art und Weise immer noch viel zu viel Zeit in Meetings vergeuden. Einer schlechten Struktur folgend und nicht ausreichend klar moderiert sitzen wir in zahlreichen Terminen zusammen und erzählen einander dann auch noch das, was wir alle eh bereits wissen. Denn Teilnehmer in Meetings neigen dazu Informationen zu besprechen, die der Mehrheit der Anwesenden bereits vor der Sitzung bekannt sind. Es fällt außerdem auf, dass Informationen, die nur einzelnen Teilnehmern bekannt sind, nicht im Meeting direkt ausgetauscht, sondern oftmals draußen auf dem Flur kommuniziert werden. So profitieren die Teilnehmer nicht von der Vielfalt der Anwesenden, denn wenn diese ihre spezifischen Informationen nicht teilen oder das Gefühl haben, dass dies nicht erwünscht ist, bleibt verstecktes Wissen ungeteilt und ungenutzt.

Dieser immer wieder auftretende Effekt zeigt sich insbesondere dann, wenn exklusive Informationen von der Mehrheitsmeinung abweichen.

WIR ERLIEGEN DEN GEWOHNHEITSMECHANISMEN

Sind wir doch mal ganz ehrlich, meist bevorzugen wir doch in Meetings Informationen, die unsere ursprüngliche Haltung stützen. Informationen, welche allen Teilnehmern bekannt sind, scheinen stichhaltiger zu sein und bestätigen, was man bereits weiß.

Individuelle, andersartige Informationen irritieren uns hingegen eher, da sie widersprüchliche Aspekte hinzufügen und daher meist kritisiert werden. Auch fällt auf, dass sich die Anwesenden in Diskussionen oft in Bezug auf ihre Position und Information unterbewusst vergleichen. Sie schätzen dabei ab, wie dies von ihren Kollegen beurteilt werden könnte. Nehmen die Teilnehmer wahr, dass ihre Aussagen von anderen geteilt wird, fühlen sie sich in ihrer Position unterstützt und vertreten ihre Argumente natürlich mit größerer Vehemenz.

Wir sind es gewohnt, der Mehrheit beizupflichten und den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Was sich hier in unterschiedlichster Art und Weise in Meetings abbildet, kennen wir auch aus zahlreichen anderen Lebensbereichen: wir verfallen fast automatisch in Gewohnheitsmechanismen und können alte Konditionierungen nur schwer aufbrechen.

EIN BEWUSSTER STUPSER

Was da hilft, ist das bewusste Setzen von Verhaltensinterventionen, die diese Gewohnheiten aufbrechen. Wir verändern unser Verhalten nicht einfach, nur weil wir über die eigentliche Notwendigkeit Information, Wissen oder Kenntnis erlangt haben. Um wirklich einen ersten Schritt der Veränderung herbeizuführen, brauchen wir oft bewusste Handlungsimpulse, die das Verhalten in vorhersehbare Weise verändern oder stören, aber dennoch freiwillig sind.

Wir sollten also vielmehr die Möglichkeit nutzen, bewusst anzustupsen. Dabei sollte der Handlungsimpuls so gestaltet werden, dass er entweder dabei hilft unerwünschtes Verhalten zu vermeiden oder produktives Verhalten zu fördern.

AKTIVE VERÄNDERUNG VON MEETING-GEWOHNHEITEN

Wenn wir dies nun auf unsere Meeting Situationen übertragen wollen, dann könnte man z.B. zur Vermeidung der Handynutzung während des Meetings am Eingang des Meeting Raums eine Handy-Ladestation installieren, damit keiner erst in die Versuchung kommt. Dadurch setzen wir bewusst einen Handlungsimpuls zur Vermeidung, welcher kaum als solcher wahrgenommen wird.

Auch ein großer, für alle sichtbarer Timer, der ggf. auch noch rückwärts zählt, ist ein sehr offensichtlicher Handlungsimpuls, der die Teilnehmer gerade bei den operativen Meetings zu mehr Zeitdisziplin bewegt. Ein weiter Handlungsimpuls, den man mittlerweile immer mal wieder antrifft, ist ein Stehmeeting oder die Entfernung der Stühle im Meeting Raum. So wird die Besprechung nach 30 Minuten fast zwangsläufig zum Ende kommen.

Ein nicht so offensichtlicher Handlungsimpuls, aber immer wieder sehr gern von den Teilnehmern angenommen, ist es eine konstruktivere Sitzungsatmosphäre z.B. in Kreativräumen oder an ungewöhnlichen Orten, wie auf der Terrasse, zu nutzen. Dies führt nachweislich zu einem offeneren und gelösteren Meeting Verhalten, als die immer noch vielfach strenge Bürolandschaft.

Die hier aufgeführten Beispiele sind nur eine kleine Auswahl an Möglichkeiten, welche sich auf viele andere Bereich erweitern lassen. So ist zum Beispiel die bei Gabi P. eingeführte monatliche Auswertung ein Handlungsimpuls, der auf Selbstreflexion der eigenen Meeting Zeit abzielt.

SELBER VORANGEHEN

Wie wäre es also, wenn ihr im Unternehmen oder in eurem Team Gewohnheiten sammelt, die heute nicht mehr in eine produktive und belebende Meetingkultur passen? Danach könnt ihr positive „Gegen“-Handlungsimpulse suchen, die diese Gewohnheiten auf leichte einladende Weise aufbrechen. Die Herausforderung hierbei ist diese „Intervention“ so attraktiv wie möglich zu gestalten, so dass möglichst viele Meeting Teilnehmer dem folgen oder gar keine andere Möglichkeit haben, um sich anders zu entscheiden.

Sich eine Art Baukasten verschiedener Handlungsinterventionen aufzubauen hilft sicherlich, um leichter, schneller und nachhaltiger Veränderungen in Meetings zu erwirken. Werden wir also kreativer und brechen bewusst und unbewusst mit unseren Gewohnheiten.
Laden wir uns gegenseitig ein, anders zu handeln!

 

#wirkultur

    P.S. Willst Du etwas an Deiner Meetingkultur verändern? Dann fängt es damit, dass Du Dein
    bevorstehendes Meeting im Vorfeld analysierst, Dich gut vorbereitest und einen strikten Ablaufplan erstellst,
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