WENN DIE ENTWICKLUNG ALS FÜHRUNGSKRAFT MIT BESONDERER INTENSITÄT SPÜRBAR WIRD

„Wäre ein Kind nur ein Kind, um irgendwann erwachsen zu werden, hätte sein Leben als Kind keinerlei Bedeutung, außer es wird dann endlich mal erwachsen, um gesellschaftlich anerkennende Erfolge vorweisen zu können.“ STOPP!
Da stimmt doch etwas nicht. Irgendetwas ist verkehrt. „Ist es denn nicht eigentlich so, dass ein Kind eben nicht nur Kind ist, um erwachsen zu sein, sondern zuallererst, um ein Kind zu sein?“ Mit diesen bizarren Sätzen eröffnet Natalie Knapp eines ihrer Kapitel in ihrem wundervollen Buch „Der unendliche Augenblick“ (sehr zu empfehlen).

HOHE ERWARTUNGEN UND KEIN ENDE

Diese wunderbare Metapher lässt sich in unserem unternehmerischen Alltag adaptieren: wäre eine Führungskraft nur eine Führungskraft, um irgendwann erfolgreich zu werden, hätte sein Dasein als Führungskraft und damit auch als Mensch keinerlei Bedeutung, außer sie wird dann endlich mal erfolgreich, um unternehmerisch anerkannte Erfolge vorweisen zu können.

Ganz ehrlich, irgendwie hört sich dies auch nicht viel besser an. Es bleibt der Geschmack von
Unbedeutsamkeit und geringer Menschlichkeit. Was ist denn heute Erfolg? Wie sollte eine gute Führungskraft sein? Was sind die Anforderungen?

Eine Vielzahl von Managementempfehlungen vermittelt den Eindruck, Führungskräfte sollten eine ganze Reihe von Eigenschaften und Kompetenzen in sich vereinen. Es wird immer mehr erwartet, wie z.B: „Sie sollten den Markt durchdringen und die Kunden gut verstehen, sowie Trends vorhersehen können. Gleichzeitig sollen sie wirksam im Inneren des Unternehmens werden, sich für die Mitarbeiter und deren Probleme interessieren und sie in ihrer persönlichen und fachlichen
Entwicklung unterstützen. Sie sollten möglichst keine Fehler machen, aber auch innovativ sein. Sie sollten weitblickend sein und ihre Mitarbeiter begeistern können. Gleichzeitig sollten sie gut organisiert sein, klare Strukturen schaffen und eine hohe Lösungs- und Umsetzungskompetenz besitzen.

WIR VEREINEN NICHT ALLES IN UNS

Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber ich treffe nicht auf diese Führungskräfte im Unternehmen.
Warum eigentlich nicht? Weil dies einfach nicht leistbar ist, weil wir als Menschen und damit als Führungskraft einfach nicht alles in uns vereinen können.
Die vielfältigen Herausforderungen und der permanente Wandel macht heute viele Führungskräfte ungenügend, die eigentlich in der Vergangenheit hervorragende Ergebnisse erzielt haben. Und dies ist auf der einen Seite so widersprüchlich, aber auf der anderen Seite auch fast erschreckend. Erkennbar wird, dass es nicht genügt, lediglich mehr oder Besseres desgleichen zu machen. Manchmal erhält das Bessere auch einen Decknamen „New Work“. Ich glaube nicht, dass dies
Frithjof Bergmann, der Begründer der New-Work-Bewegung dies damit gemeint hatte.

Diese überzogenen Ansätze führen dazu, dass Führungskräfte viel Widerspruch und einen nicht
mehr zumutbaren Druck spüren.

EINE SACKGASSE, DIE WIR ERKENNEN SOLLTEN

Einige Führungskräfte glauben, dass das Nachhecheln nach den unterschiedlichsten Anforderungen und immer wieder neuen Ausrichtungen sie irgendwann zum Ziel führen wird. Der Druck äußerst sich dann vielfältig auch in ihrem Umfeld.
So nutzen natürlich auch Mitarbeiter die allgemeinen Anforderungen an Führungskräfte, um diese zu bewerten. Dies führt dazu, dass Mitarbeiter immer weniger Toleranz für Fehler und Schwächen ihrer Führungskraft zeigen. Gerade bei den aktuellen Herausforderungen wandert der Fokus dann auch auf die Defizite der Fähigkeiten, ohne annähernd einen Gedanken über die Gesamtleistung der Führungskraft zu würdigen.
Erkennbar ist dabei, dass die oberste Unternehmensführung selbst unter den überzogenen Erwartungen leidet, aber dennoch deren Erfüllung von ihrer nächsten Führungsebene erwartet. Leider führt uns das idealisierte Bild von Führungskräften nicht in die Zukunft, ganz im Gegenteil, eher in die Sackgasse.

Vielleicht sollten wir unseren Blick in eine völlig andere Richtung lenken. Nicht ausschließlich auf die immer wieder neu hervorgebrachten Anforderungen von außen, sondern vielleicht innehalten und eher auf uns als Mensch und als Führungskraft zu schauen und zu prüfen, wie wir heute wirklich verantwortungsvollere Beziehungen gestalten und deren Weiterentwicklung ermöglichen können.

EINE ANDERE SICHTWEISE – ANFORDERUNGEN NEU VERTEILEN

Wenn wir von oben auf unser Unternehmen schauen, finden wir allerorts Arbeitsteilung, die sich je nach Anforderung immer wieder neu verknüpft. So ist Fred S. beispielsweise Buchhalter im Unternehmen und es wird nicht von ihm erwartet, dass er gleichzeitig auch Marketingexperte ist.
Keiner ihrer Logistikmitarbeiter muss auch gleichzeitig ein guter Produktentwickler sein. Den Ansatz dieser Arbeitsteilung nutzen heute auch schon einige Unternehmen, um Führung neu zu orchestrieren. Warum sollte es nicht möglich sein, Führung in einer neuen Verteilung zu sehen. Ist es nicht vorstellbar, dass die Führungsaufgaben auch auf mehreren Schultern zwischen
Führungskraft und Team verteilt werden könnten? Warum nehmen wir nicht den Druck heraus, dass die Führungskraft für alles verantwortlich ist?

WIR. MEHR RESONANZ DURCH ARBEITSTEILIGE FÜHRUNG

Was würde entstehen, wenn wir Führung teilen? Wir könnten Führungskräfte davon befreien, ein Alleskönner zu sein, der alles alleine lösen muss. Wir könnten die Erwartungen von Mitarbeitern an ihre Führungskraft verändern und zeigen, dass die eigene Verantwortung für gute Führung und gute Ergebnisse auch im Team liegen kann. Wir könnten Führungskräften ermöglichen, sich von ihrer formalen Macht zu lösen, und qualifizieren dafür auch Mitarbeiter, sich den schwierigen
Herausforderungen gewachsen zu sehen. Dies muss natürlich zu einem anderen Selbst- und Fremdbild von Führungskraft und Mitarbeiter führen. Und wir geben Mitarbeitern mehr Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeit, was eine sehr gute
Entwicklungsmöglichkeit für das Unternehmen darstellt, aber auch eine Verpflichtung bedeutet.

Dieser Ansatz setzt ein Umdenken voraus, welches nur in unserem Inneren auf allen Seiten und
Ebenen geschehen kann.

ICH. EIN WEITERENTWICKELN IM INNEREN

Der Weg – nicht Anforderungen im Außen zu erfüllen, sondern aus dem Inneren heraus Dinge neu zu bewerten und auszuprobieren, fordert einen stärkeren Blick auf uns selbst. Dabei taucht die Frage auf: Wer bin ich heute? Was ist meine Rolle? Was ist mein Beitrag im Unternehmen? Was sind meine Denkmuster, was sind meine Glaubenssätze, welche
Überzeugungen lebe ich und welche Ich-Strategien nutze ich? Was ist meine heutige Identität und was ist meine Identität der Zukunft?
Hier liegt der Schlüssel für meine persönliche Neuausrichtung aus meinem Inneren heraus. An meinem persönlichen Kern zu arbeiten ermöglicht mir erst, wirklich eine neue Resonanz zum Umfeld hervorzubringen. Ich muss die Bereitschaft mitbringen vieles in Frage zu stellen, bekannte Muster loszulassen und den Mut haben Neues auszuprobieren.

NEUE REALITÄT MIT GRÖßERER VERANTWORTUNG

Diese Entwicklung birgt viele Chancen, weil sie mehr Stärke, Verantwortung, Gestaltung und Miteinander im Unternehmen fördert. Zugleich fordert sie ein Umdenken aller Beteiligten und auf allen Ebenen. Sie verlangt eine persönliche Auseinandersetzung und deren kontinuierliche Weiterentwicklung. Eine neue Arbeitsverteilung in Sachen Führung geht an unsere Substanz unserer bisherigen Führungs- und Mitarbeiterbilder. In diesem andersgedachten Ansatz übernimmt
jeder Verantwortung und führt sich selbst und andere in eine neue Realität und zwar als Mensch
mit einem größeren Verständnis zu sich selber und zu seinem Umfeld.

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