„Clara, was siehst Du heute als Deine wichtigste Führungsaufgabe an?“ fragte ich im Rahmen eines Führungs-Reviews die Leiterin „International Business“ in einem etablierten Medizintechnikunternehmen. „Entscheidungen treffen, damit wir dynamisch bleiben und den Mitarbeitern mit Rat zur Seite zu stehen. Dabei fällt mir gerade auf wo ich Dir das erzähle, dass ich irgendwie zu viele Fragen beantworte. Eigentlich könnten die Mitarbeiter an einigen Stellen auch mehr mitdenken.“ antwortete sie.

Clara ist 46 Jahre alt, seit 15 Jahren im Unternehmen tätig und eine sehr sympathische und erfolgreiche Bereichsleiterin. Sie genießt eine hohe Anerkennung, weil sie das Unternehmen gerade im Thema “International Business” sehr erfolgreich nach vorn gebracht hat.

 

VERÄNDERUNG BEWUSST WAHRNEHMEN

Eigentlich spricht alles dafür, dass Clara so weiter machen könnte und trotzdem sollte sie sich die Frage stellen: “Muss auch ich mich in der Führung wandeln oder transformieren, wenn sich alles um mich herum verändert?”

Verändern zum Beispiel im Sinne: unabhängigeres Arbeiten, mehr Mitgestaltung durch Teams, Generationen mit neuen Ansprüchen, schnellere Reaktionen gegenüber Kunden und Märkte, Bündeln von kollektiver unternehmerischer Intelligenz, Antwort auf Komplexität, Digitalisierung…

FÜHRUNG SHIFTEN

Führung neu Denken ist kein neues Phänomen. Die meisten Unternehmen tun dafür schon sehr viel und trotzdem fällt es vielen Führungskräften enorm schwer den Shift einer neuen Führung hinzubekommen. Warum eigentlich? Weil es eben nicht an den richtigen Tools und neuen Handlungsanweisungen liegt, sondern sich ein neues Führungsverhalten aus einer weiterentwickelten Haltung ergibt. Und diese wiederum aus einer weiterentwickelten Persönlichkeit.

 

TIEFER GRABEN

Fragen muss ich mich aufgrund meiner Prägung, meiner bisherigen Konditionierungen und meinen bisherigen Erfahrungen heute vielmehr: Wer bin ich? Wer bin ich wirklich? Durch diese bewusste Reflexion kann ich überhaupt erst einmal wahrnehmen, wo meine Anteile bei mir selber und gegenüber anderen liegen. Ich muss selber sukzessive durch eine breitere Wahrnehmung zu der Erkenntnis kommen, mein eigenes Handeln in Frage zu stellen.

Danach brauche ich eine neue Ausrichtung mit der Beantwortung der Frage: Wer will ich als Führungskraft in einer „neuen“ Zeit sein? Damit ich meinem Handeln eine neue Richtung geben kann.

 

VIEL MEHR HINTERFRAGEN

Wenn ich als Führungskraft nur Antworten gebe und Kraft meiner Position Entscheidungen treffe, muss mir auffallen, dass ich Menschen somit in Abhängigkeiten halte. Wahrscheinlich werden sie weiterhin immer mit Fragen kommen und ich werde wie bisher Antworten geben.

Weiterhin muss ich mich fragen: Kann ich wirklich immer die beste Entscheidung treffen? Bin ich so nahe am Geschehen und direkt am Kunden dran, dass ich die beste Entscheidung treffen werde? Ist meine Erfahrung und meine Position wirklich heute noch ausreichend, um gute Entscheidungen zu treffen? Ist es nicht viel besser in der heutigen komplexen Welt verschiedene Sichtweisen für eine Entscheidung zuzulassen und viele Entscheidungen direkt bei den Mitarbeitern zu belassen?

Und wenn es richtig gut läuft mit der Reflexion, müsste mir noch auffallen: Eigentlich „erhöhe“ ich mich ständig, weil ich in meinem eigenen Ego denke, ich könnte die besten Entscheidungen treffen, die beste Antwort geben – warum überhaupt?


TIPP:

 

ANDERE GRÖSSER MACHEN

Wer es ernst meint mit neuer Führung muss Menschen „groß“ machen und ihr Potential zur Entfaltung bringen. Dem Prinzip der Hierarchie im Industriezeitalter folgt nun das Prinzip des Netzwerks im Wissenszeitalter. Führung basiert nicht länger auf Unterordnung und Gehorsam, sondern heißt vielmehr Rahmen zu schaffen, indem sich Menschen und ihre Ideen im Sinne eines gemeinsamen Zwecks und Ziels entfalten können.

 

VIEL MEHR FRAGEN STELLEN

Im Gegensatz zur Führung des Industriezeitalters (tayloristisches Management), dessen Geist, immer noch viel zu sehr durch unsere hierarchischen Organisationen weht, heißt Führung daher in erster Linie (die richtigen) Fragen zu stellen, anstatt (die richtigen) Antworten zu geben. Gute Fragen regen zum Nachdenken an. Eine Frage ist auch immer explizite Erlaubnis und Aufforderung zum Nachdenken und ein probates Gegenmittel zur institutionalisierten Denk- und Entscheidungsfaulheit in hierarchischen Organisationen.

Verändert sich Clara?

Eine nicht ganz einfach zu beantwortende Frage. Clara ist im Unternehmen sehr anerkannt. Sie hat bis heute nachweisbaren Erfolg mit Ihrem Handeln. Also warum sollte sie sich weiterentwickeln oder verändern?

 

Clara müsste in Sachen Zukunft schon heute sehr viel mehr wahrnehmen und durch einen Abgleich mit der Zukunft zur der Erkenntnis kommen, dass auch sie sich wahrscheinlich weiterentwickeln muss, da ihr Verhalten und ihre bisherigen Ansätze keine Angemessenheit zu einer neuen Zeit und zu einem komplexen digitalen Umfeld darstellen. Dies wäre der erste Schritt! Der zweite Schritt ist intensiver – jetzt geht es darum, durch eine eigene Auseinandersetzung mit sich selber sich persönlich weiterzuentwickeln. Dies ist bedeutsam, wollen bisher nicht viele, wäre aber konsequent.

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