MEIN NICHTWISSEN ÜBERRASCHT MICH NICHT MEHR

Als wunderbar „konditionierte Performerin und Perfektionistin“ ist Wissen immer ein wichtiger Bestandteil meines bisherigen Lebens. Bis heute gib es für mich noch jede Menge Bücher, Podcast, Journale, Wissenssendungen, Seminare und Hörbücher. Ich liebe all die Gedanken, Texte, Bilder, Inspirationen und Themen. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich wohl darin versinken. Bin ich dadurch schlauer, NEIN. Mit einem immer tiefer einsinkenden Wissen, weiß ich erst einmal, was ich nicht weiß. Und diese Erkenntnis kann nur zu einem führen: Loslassen!

WISSEN IST MACHT GILT NICHT MEHR

Warum hat mich mein Leben zu so viel Wissen hingedrängt! Mein Ego war es. Ich wollte die Beste sein, die Schlauste sein, ganz oben mitreden können. Es sollte mich nichts überraschen. In meinen Themen wollte ich zumindest immer die richtige Antwort geben können. Ich wollte wahrscheinlich Macht besitzen, in dem Fall Wissensmacht. Manchmal (ich gestehe es), habe ich gedacht, mir kann keiner etwas in bestimmten Thema vormachen.

Natürlich bemühe ich mich auch noch heute, dass ich möglichst viel wahrnehme, aber was ich mir damit ermögliche, ist eher ein breiteres Welt- und Menschenbild – nicht mehr und nicht weniger –  aber kein Expertentum mehr. Mit meiner Ausrichtung kann ich Anregungen geben, inspirieren und vielleicht an der ein oder anderen Stelle aufwecken, aber nicht mehr Wissen vorgeben. Ich komme immer mehr zu der Erkenntnis, dass es kein ausschließliches Expertentum mehr geben kann. Die Antworten liegen in der Fülle und Interdisziplinarität.

WIR MÜSSEN NICHTWISSEN ZUGEBEN

Das Tempo der Veränderung und damit auch des Wissens nimmt in unheimlicher Weise zu. Die Verdrängungen von Alten durch Neues und die Zunahme von Vielfältigkeit passiert in immer kürzeren Abständen. Täglich, stündlich, minütlich. Egal wo wir hinschauen, Brüche, Umbrüche, Andersartigkeiten und überraschend dynamische Weiterentwicklungen. Immer häufiger müssen wir zugeben: Das wissen wir nicht. Das Faktum, was wir heute behaupten, kann morgen überholt sein. Dies führt auch dazu, dass uns Entscheidungen schwerer fallen oder in manchen Unternehmen es sogar eine Entscheidungslähmung gibt. Selbst die besten Szenarien-Techniken, die beste Research-Tätigkeit oder das klügste Marketing- und Innovationsteam ändern nichts daran.

UNSER ALLTAG: DRUCK, WIDERSPRÜCHE UND UNBEHERRSCHBARES

Dies nimmt auch Wolfgang wahr, als Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens in der Schmuckbranche. Er spürt heftigen Gegenwind: Das klassische Geschäft mit dem Fachhandel wird schwieriger. Die großen Wettbewerber im Onlinegeschäft unterbieten die Preise und liefern immer schneller. Wolfgang fragt sich: „Wie soll es weitergehen? Was ist die richtige Unternehmensantwort? Was ist leistbar?“

Auch Claudia aus der Personalabteilung eines mittelständischen Telekommunkations-Anbieters steckt in einem echten Dilemma: Das Personal soll weiter reduziert werden, sie soll in der eigenen Abteilung Personal abbauen, obwohl sie eigentlich mehr zu tun hat. Da es gleichzeitig ihre Aufgabe ist, mit agilen Programmen für eine Aufbruchstimmung in der Belegschaft zu sorgen. Auch sie fragt sich: „Wie soll das gehen? Wie löse ich die Widersprüche auf?“

MUT HABEN ANDERS LOSZUGEHEN

Widersprüchlichkeiten und Unbeherrschbares lassen sich nicht mehr mit geprägten Expertenwissen oder einer möglichen Beherrschung der Zukunft durch die Suche der einen Zukunft, der einen Lösung begegnen. Bei all diesem Druck, bei all diesen Widersprüchen müssen wir trotzdem loslassen, damit wir aus einer anderen Perspektive auf die Dinge schauen. Damit wir anfangen die widersprüchlichsten Kompetenzen mit einzubinden und damit wir akzeptieren, dass wir jetzt handeln müssen, um Möglichkeiten auszuprobieren und um immer wieder zu lernen.

DIE KRAFT DES NICHTWISSENS

Die neue Anpassungsfähigkeit verlangt die Anerkennung des Nichtwissens, mit dem Sicheinlassen auf Komplexität, mit dem Sicheinstellen auf Überraschungen und Widersprüche. Und mit einer neuen Qualität der Achtsamkeit, die Fokussierung auf die aktuell anstehende Situation – auf das JETZT. Da gegebenenfalls vergangene Denkmuster nicht mehr relevant sind und Zukünfte bis zur endgültigen Absicherung nicht durchdrungen werden können.

Kein Abteilungsleiter oder Themen-Experte hat ggf. noch recht. Eine Vollständigkeit des Wissens kann nicht mehr abgebildet werden, ein entweder oder ist in vielen Situationen völlig unangemessen. Wir werden aufgrund von Faktenlage kaum noch gute Entscheidungen treffen können. Also ein Meeting, wo fünf Experten ihre Faktenlage einbringen und worauf man dann gemeinsam im Management-Board eine Entscheidung trifft, wird vielfach eine unangemessene Antwort darstellen.

AUSPROBIEREN, WAS UNSEREN EIGENEN VORSTELLUNGEN WIDERSPRICHT

Etwas ausprobieren, was unseren eigenen Vorstellungen widerspricht ist eine Art der Zusammenarbeit, gegen die wir uns als Experten und Wissensarbeiter so gänzlich sträuben. Auf Augenhöhe mit Kundensacharbeitern, mit den Hausmeistern, mit der Pflegekräften zu arbeiten und zu kommunizieren, weil es gerade diese Menschen sind, die sich tagtäglich am Kunden und im Markt befinden, ist für viele immer noch schwer vorstellbar.

Es wird mehr denn je darum gehen, gemeinsam zu experimentieren. Möglichst in Zusammenarbeit von Vertretern verschiedener Disziplinen, Ebenen und Sektoren.

Das Zusammenführen und das Moderieren von denkenden und wissenden Gegensätzlichkeiten wird zur Schlüsselfähigkeit für das 21. Jahrhundert. Es geht darum Widersprüche denken zu können, Gefahren zu erkennen, aber gleichzeitig auch Vertrauen zu haben, da es erfolgsnotwendig ist.

Die vielleicht schwierigste Aufgabe unter all diesen Aufgaben in dem aktuellen Wandel heißt: LOSLASSEN, sich nicht scheuen, das auszuprobieren, was den eigentlichen Vorstellungen widerspricht. Und dies alles, obwohl man eine hohe Verantwortung für den Erfolg und die Entwicklung des Unternehmens, der Abteilung trägt.

Aber vielleicht auch gerade deswegen.

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