Diversität – ein Schlagwort, das heute viel Aufsehen erregt und überall, sei es in den Unternehmen oder in der Politik, als Strategie oder Fokusthema wiederzufinden ist. Aktuell erlebe ich, dass viele Unternehmen auf den Zug aufspringen oder sich aufgrund des politischen Drängens genötigt fühlen, sich damit dazu beschäftigen.
Aus kultureller Vielfalt begrüße ich die Diversität sehr.
Es ist ein Grundelement der kulturellen Unternehmensentwicklung. Das gilt allerdings nur, wenn es nicht nur eine Messgröße bleibt.
Quotensammlung ist nicht Diversität
Diversität, was für Vielfältigkeit und Vielfalt steht, ist in den meisten Unternehmen im Personalwesen als „Diversity Management“ angesiedelt.
Diversität betrifft heute die verschiedensten Bereiche und darf meiner Ansicht nach nicht nur durch das Gendern oder durch Quote umgesetzt werden.
Neben der geschlechtlichen Identität umfasst es das Alter, die ethnische Herkunft, die körperlichen sowie geistigen Fähigkeiten, die religiöse Anschauung und die Weltanschauung, die sexuelle Orientierung sowie die soziale Herkunft eines Menschen.
Wenn ich mir Mühe gebe, kann ich all diese Ausprägungen auch wunderbar im Unternehmen messen und es graphisch für das Unternehmen darstellen. So erhält das Unternehmen einen guten Überblick, wie es um seine Diversität steht. Gut oder schlecht, ausbaufähig oder schon ganz okay, bunt oder noch zu einseitig.
Das Messen birgt aber die Gefahr, dass es eine statische und statistische Größe für das Unternehmen bleibt.
Häufig wird es nicht mit der notwenigen Verantwortung für die Gestaltung der Diversität hinterlegt. Irgendwann geht es ggf. wirklich nur noch darum, sogenannte „Quoten“ zu erfüllen. Das wäre sehr schade, denn ist das Unternehmen dann nur vielfältig an der Oberfläche?
Unser Menschenbild ist ausschlaggebend
Einige Unternehmen gehen los und initiieren neben den verschiedenen statistischen Möglichkeiten Diversitätsaktivitäten, wie z.B. die DiversityWeek, der DiversityCompass oder die DiversityLaunch.
Dies ist zu begrüßen, da das Thema innerhalb des Unternehmens deutlicher mehr in den Fokus rückt und aufgeklärt werden kann. Eine sehr unterstützende Möglichkeit.
Allerdings müssen wir noch einen Schritt weiter gehen. Der nächste Schritt ist ein sehr wichtiger: Die Übernahme der Verantwortung für eine bewusste Gestaltung einer „vielfältigen“ Unternehmenskultur, die sich auch ohne unser Zutun in einer komplexen Welt entwickeln wird.
Wir werden früher oder später überall eine zunehmende Diversität haben. Das ist auch schon allein aufgrund des Aufbrechens der einzelnen Individualitäten in der Gesellschaft deutlich erkennbar.
Viel spannender sind die Fragen: Wie gehen wir mit Diversität um? Wen laden wir ein? Was lassen wir zu? Was kann der/die Einzelne heute schon an Vielfältigkeit spüren und aushalten?
Für mich ist Diversität keine ausschließliche Messgröße und auch nicht der Einsatz eines Diversitätsbeauftragten, sondern in der eigentlichen Bedeutung eine Haltungsfrage, was ganz eng mit unserem Menschenbild eines jeden Einzelnen verknüpft ist.
Die Weitere unseres Agierens
Es geht um Toleranz und um Akzeptanz von Verschiedenheit und eben nicht nur um die Verschiedenheit der Beschäftigten als Messgröße. Es geht auch, und vielleicht vorrangig, um die Verschiedenheit von Meinungen, Mindset, unterschiedlichen Prägungen und Haltungen.
Es geht darum, eine positive Wertschöpfung aus der Wertschätzung gegenüber der Vielfältigkeit für das Unternehmen zu generieren.
Genau damit können wir gerade im kulturellen Kontext in den Unternehmen am schwierigsten umgehen. Dies wird am wenigsten trainiert, damit wird sich am wenigsten auseinandergesetzt.
Haltungen sind die durch unsere Werte und Denkweisen geprägten Handlungen, Aussagen und Urteile.
Sie beeinflussen zum Beispiel, die aus unserer Erfahrung kommende Bereitschaft, in bestimmter Weise wertend auf eine Person, ein Team, eine Situation oder eine Vorstellung zu reagieren und prägt so unsere Art und Weise, mit anderen umzugehen.
Dies kann manchmal förderlich sein, aber auch manchmal nicht gelingen.
Wir haben aber immer die Chance, unsere Haltungen weiterzuentwickeln. Einmal wenn wir uns in neue Umfelder begeben und dadurch neue Erfahrungen machen können.
Aber auch, wenn wir uns auf unsere eigene Reise der persönlichen Entwicklung begeben und zusätzlich gemeinschaftliche Dialogräume eröffnen.
Alles fängt bei uns an
Die „Charta der Vielfalt“ – eine Arbeitgeberinitiative zur Förderung von Diversity in Organisationen, veröffentlichte eine Darstellung, wo wir einen Überblick über die verschiedensten Diversitätsansätze erhalten. Sie unterteilt sich in einen Kern sowie drei weiteren Ebenen.
Im Zentrum steht die individuelle Persönlichkeit. Umgeben wird diese von inneren und äußeren Dimensionen wie Ethnizität, Geschlecht oder psychische Fähigkeit bzw. Berufserfahrung, Ausbildung oder auch Auftreten. Die vierte Ebene beschreibt die organisationale Komponente. Dazu zählen unter anderem Arbeitsumgebung, Geschäftsbereiche oder der Status des Managements.
Es wird erkennbar, dass die Vielschichtigkeit des Themas Diversität unübersehbar ist.
Es bestätigt allerdings auch wieder einmal, dass alles bei uns anfängt, bei unserer Persönlichkeit, bei unserer Haltung und bei unserer Verantwortung. All dies ist für das Thema Diversität nicht gleich da, nur weil der Begriff Diversität auftaucht. Es bedarf vielfach einer konkreten persönlichen und gemeinschaftlichen Auseinandersetzung.
Der Raum der Denkschubladen
Im September vergangenen Jahres durfte ich in einem Unternehmen erleben wie solch Reflexions- und Dialogräume für Diversität angeboten und initiiert wurden.
Auf der einen Seite gab es für die Führungskräfte des Unternehmens die Möglichkeit ein Diversity-Coaching in Anspruch zu nehmen, wo es darum ging, sein Menschenbild zu reflektieren, seine eigene Haltung mehr zu durchdringen und persönliche Denkansätze zu hinterfragen.
Zusätzlich wurde ein gemeinschaftlicher Dialograum „Unbewusste Denkschubladen“ initiiert.
Ein wunderbarer Möglichkeitsraum zur Haltungsreflexion. Erkennbar war, dass wir Menschen doch rasch geneigt sind, Objekte und Personen zu kategorisieren – wir stecken andere (und auch uns selbst) in Schubladen: z. B. „Menschen mit Kindern“, „Menschen ohne Kinder“, „Menschen mit Behinderungen“, „Väter in Elternzeit oder Teilzeit“, „Frauen in Führung“, „ältere Beschäftigte“ und viele mehr.
Einigen Personengruppen werden durch diese Kategorisierung irrtümlich oft mehr oder weniger Leistungen und Einsatzbereitschaft zugetraut. Wird jemand also in eine bestimmte Denkschublade einsortiert (oder sortiert sich selbst dort ein!), dann kann sich dies durchaus auf ihre/seine berufliche Entwicklung auswirken. Das gilt nicht nur für die Personalauswahl, sondern auch für die gesamte Förderung und den Umgang im Miteinander.
Hier verschwenden wir Ressourcen. Hier arbeiten wir aus unserer Haltung gegen etwas, was aber eigentlich positive Realität ist.
Diversität benötigt eine intergrale Haltung
Eine Haltung die mehr Großzügigkeit, Akzeptanz und Weite zu den unterschiedlichsten menschlichen Ausprägungen integriert, könnte uns im Umgang mit der zunehmenden Komplexität und damit zunehmenden Diversität helfen. Diese Haltung lässt sich heute schon beschreiben und wird oft als integral-systemisch bezeichnet.
Es geht darum, jedem Individuum, jedem Mitarbeitenden seinen Platz im WIR einzuräumen und dies auch anzuerkennen.
Der/ Die Einzelne wird nicht mehr als isoliertes Individuum oder anonymer Teil einer Gemeinschaft betrachtet, sondern als Teil eines größeren Ganzen.
Es geht in dieser Haltung darum, aus der vorliegenden und unternehmerischen Diversität die beste Lösung für das Ganze zu finden, bei gleichzeitiger Berücksichtigung der legitimen Bedürfnisse des Einzelnen.
Es geht also darum Co-Individualisierung zu kreieren. Eine nicht ganz leichte, aber sehr wertvolle Aufgabe.
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