Es ist Mittwochvormittag 11:00 Uhr. Du sitzt seit drei Stunden an deinem Schreibtisch. Zwei Zoom-Meetings, diverse Telefonate, Projektanfragen und verschiedenste Erledigungsvermerke stehen an. Deine heutige To-do-Liste mit den fünf Hauptaktivitäten des Tages hat sich gefühlt um 20 weitere To-dos erweitert. Dein inneres Gefühl von eigener Hoheit deines Alltags schwindet. Spätestens um 13:00 Uhr, nachdem die Mittagspause knappe schnelle zehn Minuten gedauert hat, steuert dich die Komplexität des Alltags.

Alle Anforderungen und Herausforderungen fließen durch dich hindurch. Wir haben das Gefühl, dass wir der Komplexität im Alltag nichts entgegenzusetzen haben. Wir scheinen ihr vielfach ausgeliefert zu sein und der Tag hat uns mehr im Griff, als wir den Tag.

NUR EIN KURZES GLÜCK
Wenn es uns dann mal gänzlich reicht, dann gehen wir auf den Weg und suchen händeringend nach neuen Möglichkeiten, unsere Arbeit besser zu strukturieren, zu optimieren und klarer aufzustellen. Tatsächlich sind wir in den ersten Tagen motiviert und nutzen die 2-Minuten-Regel, das selbst eingestellte Timeboxing und unsere neu eingeführten Prioritätsansätze. Nach weiteren sechs Wochen sind unsere neu erworbenen Methoden teilweise noch integriert, aber das Gefühl der eigenen Souveränität über den Alltag ist schon wieder verschwunden. Unser inneres Grundrauschen von Überforderung, Gehetztsein oder Druck beherrscht uns. Warum ist das so?

DEINE EIGENE PERSÖNLICHE KOMPLEXITÄT
TEs fehlt uns schlicht und ergreifend die innere Verbindung zu uns und mit uns selbst. Einem komplexen und herausfordernden Umfeld müssen wir unsere eigene Komplexität entgegensetzen. Als Mensch sind wir das komplexeste Gebilde. Und dieses komplexe Gebilde nutzen wir auch vielfach, um den Herausforderungen entgegenzutreten. Zu oft wissen wir viel zu wenig über uns selbst, unsere inneren emotionalen Abläufe und Verfassungen. Dies führt dazu, dass uns der Alltagsstress, die permanent sich ändernden Herausforderungen und das auf Knopfdruck parat sein, überfluten darf.
Aber was müssen wir denn über uns wissen? Wir brauchen heute innere Komponenten, womit wir die Herausforderungen, die an uns herangetragen werden, abgleichen und einordnen können. Diese Komponenten wären die Facetten unserer eigenen Identität. Dabei sind drei Facetten entscheidend. Wer bist du aus deiner Vergangenheit heraus? Wer bist du heute? Wer willst du in der Zukunft sein?

WER BIST DU AUS DER VERGANGENHEIT HERAUS?
Die Anbindung an unsere Identität der Vergangenheit ermöglicht es uns, unsere eigenen Reaktionen und Emotionen besser einzuordnen und bestenfalls auch zu managen. Wir alle sind aus der Vergangenheit heraus mit Denkmustern und Glaubenssätzen geprägt, die für unsere eigene Entwicklung nicht immer förderlich sind. Dabei meine ich solche verinnerlichten Sätze wie „Ich bin nicht gut genug,“ Ich muss artig sein.“ „Ich muss der Beste sein.“ etc.
Damit man diese nicht so stark im außen erkennt, haben wir dafür Kompensationen gewählt, wie z. B. stark ausgebildete Performance, Leistungsdruck, Harmoniebedürftigkeit, etc. Diese über Jahre ausgebildeten überzogenen Verhaltensmuster tun uns selber nicht gut und stören oftmals die Beziehungsgestaltung mit unserem Umfeld.
Die Problematik in diesem Kontext ist, dass viele Menschen gar nichts oder nur wenig über ihre angelegten Denkmuster und Kompensationen wissen. Dadurch sind sie in herausfordernden Zeiten oder komplexen Umfeldern ständig ihren eigenen Mustern ausgesetzt. Sie begleiten uns als emotionales Grundrauschen.

Dieses „Nicht-Wissen“ führt dazu, dass dein Alltag sehr anstrengend und energiezerrend ist, da du deine eigenen Denkmuster und Kompensationen nicht managen kannst. Du hast sozusagen kein Bewusstsein über deine eigenen Muster und damit auch keine Hoheit.
Die Herausforderungen und Komplexitäten können voller Wucht auf dich einwirken und du kannst sie deiner eigenen Persönlichkeit nicht zuordnen und damit auch nicht managen. Vielfach schleudert dich dein Alltag daher hin und her.

WER BIST DU HEUTE?
Wir alle verfügen über so wundervolle Potenziale und da würde ich Stärken dazuzählen, die wir nutzen und einbringen können. Dabei sind die Potenziale von uns Menschen sehr unterschiedlich und vielfältig. Unsere eigenen Potenziale und auch Anlagen ermöglichen uns eigentlich, selbst hoheitlich einschätzen zu können, wo wir am besten wirksam werden könnten.

Oftmals geben wir diese Hoheit aber im Unternehmen ab. Das Unternehmen oder die Führungskraft schätzen unser Potenzial ein und ordnen die für uns relevanten Aufgaben und Projekte zu. Dabei sind wir doch eigentlich diejenigen, die uns am besten kennen müssten. Aber kennen wir uns wirklich so gut? Erforschen wir uns in unseren eigenen Potentialen und in unserem menschlichen Design? Oder geben wir diese Verantwortung großzügig an andere ab, um uns dann darüber aufzuregen, dass diese Arbeiten oder das Projekt doch eigentlich gar nicht zu mir passen?

Wenn ich die Facetten meiner eigenen Potenziale nicht kenne, dann kanne ich keine Positionierung zu meiner eigenen Persönlichkeit vornehmen. Ich kann von mir aus dann keinen Einfluss darauf nehmen, wo ich eigentlich die größte Wirkung erzielen könnte und damit auch eine eigene Selbstwirksamkeit erleben kann.

Nach meiner Überzeugung liegt hier ein riesen Potenzial für eine echte gelebte Agilität im Unternehmen vor. Denn hier geht es doch darum, dass die Mitarbeiter sich flexibel, mit Umsichtigkeit und eigenem Engagement einbringen sollen. Dies können sie dann sehr gut, wenn sie sich selbst mit ihrem Potenzial kennen und dafür die Verantwortung übernehmen.

WER WILLST DU SEIN?
Obwohl es im Unternehmen jeden Tag um Wandel, Zukunft und Veränderung geht, haben die wenigsten Menschen in den Unternehmen eine eigene Vorstellung von ihrer persönlichen Zukunft. Dies bedeutet auch, dass sie kaum eine Vorstellung davon haben, welchen entwicklungsfördernden Beitrag sie für sich anstreben und welchen werteorientierten Beitrag sie für Gemeinschaften einbringen wollen. Kaum einer nimmt sich regelmäßig Zeit oder setzt sich schriftlich mit seiner Zukunft auseinander.

Dabei ist das für die eigene Orientierung und Souveränität im Alltag sehr ausschlaggebend. Wie soll ich die ganzen Anforderungen und Herausforderungen, auch zu meiner eigenen Person, gut einordnen können, wenn ich meine eigene Zukunft nicht kenne? Wie soll ich für ein Unternehmen die Zukunft gestalten, wenn ich noch nicht mal meine Zukunft kenne?
Hier haben wir heute eines der größten Defizite in der Zukunftsgestaltung und der eigenen sowie unternehmerischen Zukunftsfähigkeit.
Wir können unsere Zukunft nur gestalten, wenn wir selbst uns mit unserer Zukunft auseinandersetzen.

GEWINNE DEINE HOHEIT ZURÜCK
An diesen drei Ansätzen kann man so wunderbar erkennen, wo unsere eigentliche Souveränität für unsere Arbeitskultur liegt. Und zwar in uns selbst und in dem Wahrnehmen und Ausrichten unserer Denk- und Gefühlsprozesse. In einem viel stärkeren bewussten Matchen von Komplexität und unserer eigenen Persönlichkeit.
Dieser Ansatz stärkt uns nicht nur von innen, sondern ermöglicht uns zusätzlich, dass wir leichter unsere Gestaltungskraft nutzen können, da wir sie emotional an uns gebunden haben. Unsere heutige eigene Arbeitskultur aus einer erweiterten Perspektive zu sehen, wird uns wachsen lassen.

 

#ichkultur

 

 

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